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Barfuß im Winter

Aus gegebenem Anlaß heute ein neuer Beitrag außer der Reihe zum Thema Barfuß im Winter.

Es gibt sie, die Leute die wirklich das ganze Jahr barfuß herumlaufen. Ich kann das bestätigen, ich bin einer davon. Jeder „vernünftige“ Mensch fragt sich natürlich: Das kann doch keinen Spaß machen? Das ist doch viel zu kalt? Das ist doch gefährlich?

Ich will hier auf diese und noch mehr Fragen eingehen, fange aber eher von der anderen Seite her an: warum tue ich das? Warum laufe ich auch im Winter barfuß?

Warum laufe ich barfuß?

Nun, die einfachste und intuitive Antwort lautet: warum nicht? Ok, das ist nicht überzeugend, also versuche ich etwas auszuholen. Ich laufe barfuß, weil es mir Spaß macht, weil es mich mit der Natur verbindet, weil es meine natürliche Art der Fortbewegung unterstützt und daher für den Körper insgesamt wohltuend ist, weil es zu mir passt und ich mich auf diese Art und Weise „ausdrücken“ kann, ohne jemand anderen zu belästigen oder jemandem zu schaden, weil…usw.

Was hindert mich also daran, barfuß als Lebensgefühl auch dann auszuleben, wenn es draußen kälter und dunkler wird? Zunächst einmal eigentlich nichts, außer meinen eigenen Befindlichkeiten. Und die sind nun einmal individuell, aber auch situativ sehr verschieden.

Reale Gefahren durch Eis, Kälte und Dunkelheit

Objektiv gesehen ist es natürlich unverantwortlich sich realen Gefahren auszusetzen: besondere reale Gefahren entstehen im Winter, wie auch in anderen Jahreszeiten, durch die Temperatur, die Beschaffenheit des Untergrundes und die Sicht. Wenn die Außentemperatur des Bodens und/oder der Luft ein Maß erreichen, dass unmittelbar Erfrierungen an den ungeschützten bloßen Füßen zu erwarten sind, wird auch ein passionierter Barfußläufer seine Füße durch geeignetes Schuhwerk o.ä. schützen. Es heißt i.A., bei Berührung der bloßen Haut mit einem glatten Gegenstand mit einer Temperatur von etwa -10°C (oder weniger), kommt es unmittelbar zu Erfrierungen. Oberhalb des Gefrierpunktes kann es eigentlich nicht zu einer Erfrierung kommen. Im Raum dazwischen hängt es von der Beschaffenheit der Oberfläche (je rauher, desto weniger Berührungspunkte und umso mehr wärmende Luftpolster schwächen den Effekt zunächst auch ab) und der Dauer des Kontakts ab, ob es zu Erfrierungen an der Haut kommt. Schwieriger wird es, wenn Feuchtigkeit und/oder Wind dazukommen. Insbes. die gefühlte Lufttemperatur kann bei Nässe und Wind erheblich unterhalb der gemessenen liegen und das heißt, auch oberhalb des Gefrierpunktes könnten theoretisch Erfrierungserscheinungen auftreten.

Der zweite Punkt, die Beschaffenheit des Untergrunds, ist nicht nur für den oben genannten Effekt kühler Oberflächen zu berücksichtigen (bspw. wird man auf einer glatten Eisfläche ab einer gewissen Temperatur „festkleben“, während man durch lockeren Schnee derselben Temperatur noch laufen kann). So hat verharschter Schnee selbst bei Temperaturen oberhalb des Gefrierpunktes unendlich viele unendlich scharfe Eiskristalle an der Oberfläche, die zu richtigen Schnittwunden an den nackten Füßen führen können.

Und schließlich sind die Phasen eingeschränkter Sicht durch Dunkelheit, aber auch durch Nebel, Regen usw. im Winter viel länger oder häufiger und schlechte Sicht erhöht immer das Risiko, sich an irgendeinem übersehenen Gegenstand am Boden zu verletzen.

Sonstige Einflußfaktoren

Es gibt aber noch weitere Dinge zu berücksichtigen. Zunächst gilt grundsätzlich, dass Bewegung die Durchblutung fördert und damit die Temperatur in den Gliedmaßen, also auch den Füßen steigert. Es macht einen gewaltigen Unterschied, ob man in der Kälte herumsteht, herumgeht oder herumläuft.

Andererseits versucht der Körper bei äußerer Kälte insbes. die lebenswichtigen Organe im Inneren des Körpers zu schützen, indem er dort die Durchblutung steigert und dafür die der äußeren Gliedmaßen zurückfährt. Bei Frauen ist dieser Mechanismus oftmals stärker ausgeprägt als bei Männern, was die größere Anfälligkeit für kalte Hände und Füße erklärt.

Kennt man diesen beiden Einflußfaktoren auf das Kälteempfinden, läßt sich gut gegensteuern. Aus dem ersten folgt, dass Aktivitäten mit mehr Bewegung auf jeden Fall denjenigen mit weniger Bewegung vorzuziehen sind. Aus dem zweiten folgt, dass es wichtig ist, die anderen Teile des Körpers und insbes. den Rumpf, möglichst gut gegen die Kälte zu schützen, so dass der Körper gar nicht veranlaßt wird, Blut aus den Extremitäten abzuziehen.

Schließlich sind die eigene Konstitution und das momentane Wohlbefinden zu berücksichtigen. Ich bin bspw. im Allgemeinen recht unempfindlich und wenn ich ansonsten gesund bin, spricht nichts dagegen, selbst einmal bei Eis und Schnee barfuß loszugehen.

Meine Schlußfolgerungen

Wenn ich all das berücksichtige, ergibt sich für mich persönlich daraus etwa folgendes „Regelwerk“:

  • Solange der Boden nicht gefroren ist oder kein vereister Schnee liegt, kann ich grundsätzlich barfuß gehen
  • Je kälter es dabei ist, umso mehr muß ich mich bewegen und umso kürzer kann ich irgendwo verweilen (d.h. herumstehen)
  • Je kälter es ist, umso kürzer kann ich mich barfuß draußen aufhalten
  • Je kälter es ist bzw. je windiger es ist, umso besser muß ich mich obenherum warm einpacken (einschließlich bspw. Ohrenschützern und Handschuhen)

Was heißt für mich das konkret? Wenn es bspw. 3°C hat und Nieselregen mit eisigem Wind, werde ich sicher nicht barfuß für 2,5 Std. auf den Weihnachtsmarkt gehen. Ich würde auch keine Wanderung oder keinen längeren Spaziergang planen. Es spricht aber nichts dagegen, mit winddichter Regenjacke mit Kapuze barfuß die 500m bis zum Lebensmittelhändler zu gehen, denn selbst wenn die Füße unterwegs kalt geworden sein sollten (was sie bei mir eher nach 1,5-2 km wären), könnte ich sie ja im Laden erst einmal wieder aufwärmen. Barfuß joggen ist m.E. mit entsprechender Regenkleidung auch noch möglich, aber bei den Umständen würde ich sicher nicht länger als max. 45 Min. gehen, denn danach sind die Füße dann trotz Bewegung so kalt, dass es anfängt zu schmerzen. Im Dunkeln laufe ich übrigens grundsätzlich nicht, aber es gibt wahrscheinlich auch Barfußläufer die mit Stirnlampe durch den Wald joggen.

Barfuß durch frisch gefallenen Schnee zu laufen gehört übrigens zu den schönsten Erfahrungen des Barfußlaufens überhaupt. Wenn der Schnee weich und pappig ist, liegt die Temperatur i.d.R. um den Gefrierpunkt und man kann bedenkenlos ein paar Minuten barfuß durch den Schnee laufen. Ja selbst eine halbe Stunde ist möglich, wenn man warm eingepackt ist und sich schnell genug bewegt (also z.B. beim Joggen). Je kälter es aber ist, umso kürzer wird das Vergnügen, denn bei z.B. -5°C hat man nach wenigen Schritten den angetauten aber immer noch eiskalten Schnee an den Füßen und nun setzt die zusätzliche Kühlung durch die Feuchtigkeit ein, so dass es sehr schnell zu kalt wird.

Die Empfindlichkeit jedes Einzelnen ist hier sicher unterschiedlich, zu lokalen Erfrierungen kommt es aber immer, wenn eine gewisse Temperatur an der Haut unterschritten wird. Diesem Risiko sollte man sich nicht aussetzen und lieber zu früh mit dem Spaß aufhören, als auch nur eine Sekunde zu spät. Ich kann Geschichten von Leuten, die angeblich stundenlang durch den Schnee wandern können nicht glauben. Und ja, auch ich habe mir schon Frostbeulen geholt und daraus gelernt!

Fazit

Es ist also grundsätzlich kein Problem im Winter barfuß zu gehen, wenn man wie ich im Rheintal wohnt, wo es vielleicht 10 Tage im Jahr unter Null Grad hat. Ich selbst mache mir über die Temperatur überhaupt keine Gedanken, solange es über 10 Grad ist und die Einschränkungen beginnen vielleicht bei um die 5°C, ab denen ich darüber nachdenke, ob ich unterwegs irgendwo die Füße aufwärmen kann (was i.d.R. überhaupt kein Problem ist, wenn man bspw. in die Stadt oder zum Einkaufen geht) oder zur Sicherheit ein paar Schuhe mitnehmen sollte (etwa auf einer längeren Wanderung ohne Einkehr). Erst ab 0°C beginnt es dann wirklich heikel zu werden.

Bei anderen mögen die Grenzen der Empfindlichkeit woanders liegen, das muß jeder für sich selbst herausfinden. Aber wer bspw. in einer Gegend wohnt, in der es von Mitte Oktober bis Ende April immer wieder Frost gibt, der wird sicherlich nicht das ganze Jahr barfuß verbringen können, oder aber er geht kaum noch vor die Tür.

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Forbi

    Sehr schön beschrieben! Ich kann alle Punkte aus eigener Erfahrung bestätigen, wobei ich sagen muss, dass sich meine Wohlfühlgrenze im Laufe der Jahre wieder nach oben verschoben hat. In meinen ersten 5 Barfußwintern war ich auch bei Minusgraden noch barfuß unterwegs, beim Laufen (Joggen) sowieso. Aber inzwischen (nach Erfrierungen 1. Grades vor ein paar Jahren) habe ich nicht mehr den Anspruch, den ganzen Winter barfuß bleiben zu müssen. Ich muss mir nichts mehr beweisen und genieße durchaus wieder die Wärme in Schuhen, wenn es unter 5-6⁰C hat. Je nach Dauer und Tagesform – ähnlich wie Du es beschreibst.

    Seit ich von einem krassen Fall von schlimmsten (lebensgefährlichen) Erfrierungen gehört habe, bin ich auch sehr vorsichtig geworden, anderen Leuten vom Laufen auf Schnee vorzuschwärmen. Man sollte das wirklich nur tun, wenn man die Alarmsignale kennt, denn häufig spürt man gar nicht, dass die Haut bereits geschädigt ist, weil die Schmerzrezeptoren keine Rückmeldung mehr geben. Das kann echt gefährlich werden, also liebe Kinder: nicht nachmachen! Nur wenn man ganz genau weiß, was man tut!

    Ich freue mich schon wieder auf den Frühling!

    1. admin

      Hallo Forbi,
      ja, ich denke wir Barfußläufer können nicht eindringlich genug vor den wirklichen Gefahren des Barfußlaufens warnen, und die sind nicht Glasscherben und Co., sondern Leichtsinn und völlige Mißachtung der äußeren Umstände sowie der Signale, die uns der Körper sendet…
      Danke und viele Grüße
      Ralf

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